Landwirtschaft digitalisieren

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Einblicke
Michael Stamm

Michael Stamm, gebana Development Team, in Togo.

Anfang des Jahres 2019 haben wir in Togo etwas Neues versucht: Mit einer App wollten wir den Informationsfluss zwischen Bauernfamilien und gebana verbessern und vereinfachen. Michael Stamm aus unserem Development-Team spricht über die Testphase und wie es nun weitergeht.

Zwischen Februar und Juni dieses Jahres habt ihr in Togo die App Smartfarm ausprobiert. Mit der App wollt ihr Daten wie etwa Name und Alter der Bauern, das Risiko einer Pestizidkontamination und die Erntemengen sammeln. Wie ist der Test gelaufen?

Michael Stamm: Zu Beginn lief alles etwas holprig. Das Mobilfunknetz in Togo ist vor allem auf dem Land noch relativ dünn. Grosse Datenmengen lassen sich da kaum übertragen. Mit der App können unsere Berater im Feld aber auch offline arbeiten. Sobald sie wieder in ein Gebiet mit Netzabdeckung kommen, synchronisiert die App die Daten automatisch. Doch selbst mit einer guten Datenverbindung hatten wir am Anfang noch Probleme bei der Synchronisation. Der App-Hersteller Cropin half uns, einige für uns unnütze Funktionen der App zu deaktivieren. Zum Beispiel die Möglichkeit, einem Bauernprofil Bilder anzuhängen. Die Anpassungen machten die Synchronisation zuverlässiger.

Die Ausbildung unserer Berater war ebenfalls herausfordernd. Jeder von ihnen bekam ein Android-Handy und nahm an einem Training teil. Trotz der Trainings mussten wir nachfassen, um sicherzustellen, dass die Berater die Daten korrekt eingeben. Seit Juli sind wir aber nicht mehr am Testen und die App ist offiziell im Einsatz.

Für was verwendet ihr die erhobenen Daten?

Wer eine Bio-Zertifizierung will, muss offenlegen, wie er arbeitet. Wir müssen wissen, wie der Bauer heisst, wie alt er ist, seit wann er mit uns zusammenarbeitet, was er anbaut, welche Mengen er liefern kann, ob er Pestizide einsetzt. All diese Daten haben wir auch schon früher erhoben. Doch es war sehr viel umständlicher.

Wieso das?

Unsere Beraterinnen sind zu den Bauern ins Feld und haben ihnen all diese Fragen gestellt. Seine Antworten haben sie dann auf Papier festgehalten. Mit ihren Unterlagen gingen sie zurück ins Büro und übertragen dann alles am PC in ein Excel-Dokument und später in unsere Datenbank. Bei einigen wenigen Bauern mag das noch funktionieren. Bei mehr als 5000 Bauern ist das aber alles andere als effizient.

Screenshot_Smartfarm

Screenshot Smartfarm

Was sagen die Bauern zur App?

Die Bauern interessieren sich eigentlich überhaupt nicht dafür. Schlussendlich hat sich für sie nichts geändert. Die Informationen mussten sie uns ja auch schon vorher liefern. Einige sind aber ein bisschen unglücklich. Denn durch das Geo-Tagging können wir ein sehr akkurates Abbild ihrer Anbauflächen schaffen. Das bedeutet aber auch, dass sie mit uns die ganze Fläche abgehen müssen. Früher war das für sie einfacher. Wenn wir sie fragten, wie viel Fläche sie haben, konnten sie einfach sagen «einen halben Hektar» und die Sache war erledigt. Jetzt haben sie etwas mehr Aufwand, dafür ist das Ergebnis viel genauer.

Wie geht es jetzt weiter?

Etwa 3000 Bauern haben wir bereits besucht und ihre Daten erfasst. Jetzt geht es um die restlichen 2000. Ich selbst muss mich vor allem ums Training der Manager und Berater hier in Togo kümmern. Nur wenn alle Beteiligten genau wissen, wie sie mit Smartfarm arbeiten müssen, erhalten wir am Ende eine akkurate Datenbank. Nach dem ersten Schritt, bei dem wir alle für die Bio-Kontrollen notwendigen Daten eingegeben haben, erfassen wir nun alle Daten aus dem Einkaufsprozess, wie z.B. die gekauften Mengen pro Landwirt, Bartransfer und Vorfinanzierung.

Wie wird diese akkurate Datenbank eure Arbeit verändern?

Der Informationsfluss wird dadurch wesentlich schneller. Wir können nachhaltiger, transparenter und profitabler wirtschaften. Wir werden ausserdem ganz sicher weniger Papier verwenden als vorher.

Denkst du, dass wir den Ansatz, den ihr in Togo verfolgt, auf andere Länder übertragen könnten?

Das System lässt sich sehr leicht adaptieren und wir versuchen das bereits in Burkina Faso. Wenn es dort gut läuft, ist es eigentlich überall möglich. Die wichtigste Voraussetzung ist eine stabile Mobilfunkverbindung und ein motiviertes Team.

Wie sieht die Finanzierung aus? Die App kommt ja von einem Drittanbieter, der sicherlich Gebühren für die Nutzung erhebt.

Cropin, der Hersteller von Smartfarm, verlangt eine Implementationsgebühr. Dazu kommt eine jährliche Nutzungsgebühr pro Anwender. Teile der Kosten können wir auf Projekte verteilen, bei denen wir mit der Organisationen wie der Deutschen Entwicklungs- und Investitionsgesellschaft oder dem SECO zusammenarbeiten. Schlussendlich sind wir aber darauf vorbereitet, für alles selbst zu zahlen.

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